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Michael Lingner, Franz Erhard Walther Kunst - Sprache M.L.: Am Anfang unseres Vorhabens, deine Vorstellungen über Kunst im wahrsten Sinne des Wortes 'zur Sprache zu bringen', liegt es nahe, zuerst ganz grundsätzlich auf das Verhältnis von Kunst und Sprache einzugehen, weil so dem Leser am besten deutlich werden kann, welche Bedeutung für deine künstlerische Praxis du deinen eigenen begrifflichen Überlegungen zumißt - und damit ja letztlich auch diesem Buch. Daß sprachliche Äußerungen von Künstlern nicht als Bereicherung oder zumindest als Selbstverständlichkeit betrachtet werden, sondern allzuoft Argwohn und Mißverständnissen ausgesetzt sind, hat seinen eigentlichen Ursprung in der seit der Renaissance sich vertiefenden Trennung von Kunst und Wissenschaft. Auch wenn diese Abgrenzung in der historischen Entwicklung immer wieder aufgebrochen worden ist, so konnte sie doch nie wieder wirklich durchbrochen werden. Vielmehr hat die Wissenschaft, die mit ihren Technologien heute selbst das Bildmonopol der Kunst in Frage stellt, sich des Begriffsmonopols total bemächtigt, und in meinen "Vorbemerkungen" habe ich einen wesentlichen Grund genannt, warum und mit welchen Konsequenzen selbst die Kunstwissenschaften den künstlertheoretischen Äußerungen kritisch gegenüberstehen. Der wissenschaftliche V ... >>
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Michael Lingner, Franz Erhard Walther Kunst - Gesellschaft M.L.: Wenn du eben davon gesprochen hast, daß du deinen Kunstentwurf heute lange nicht mehr so rigoros verteidigen mußt wie früher, dann berührst du damit die Problematik der gesellschaftlichen Geltung deiner Arbeit und - ganz grundsätzlich gesehen - die Frage nach dem Verhältnis von Kunst und Gesellschaft, womit wir uns im folgenden beschäftigen wollen. Hat deine Arbeit inzwischen tatsächlich an Geltung gewonnen, so daß du um ihre Durchsetzung nicht mehr kämpfen mußt, oder gilt sie genausoviel oder genausowenig wie früher und ist lediglich selbstverständlicher geworden? Der Geltungsgewinn kann ja durchaus auch die negative Kehrseite haben, daß die Arbeit sozusagen professionell integriert, ja etabliert wird, aber in demselben Maße zugleich ihre allgemeine Brisanz verliert und ignoriert wird. F.E.W.: Einen prinzipiellen Unterschied zu der früheren Situation, wo meine Arbeit sehr umstritten war, sehe ich immer noch nicht. Gleichgültig hat meine Arbeit die Leute, die sich darum gekümmert haben, nie gelassen. Aber die Grundfragen, die sie eigentlich provoziert, die Erweiterungen, der Zugewinn, all die in ihr steckenden Möglichkeiten sind bis heute nicht wirklich aufgegriffen worden und haben nicht die Wirkungen entfaltet, die ich mir vorgestellt habe und für notwendig hielte. Das hindert mich aber überhaupt nicht, von dem Wert der Sache überzeugt zu sein und sie weiterhin zu vertreten. M.L.: Wenn ich mich z. B ... >>
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Reprint Zwischen Kern und Mantel. Franz Erhard Walther und Michael Lingner im Gespräch über Kunst. Inhalt des Buches: Vorbemerkungen Michael Lingner Kunst - Sprache Kunst - Gesellschaft Kunst - Vermittlung Kunst - Geschichte Kunst - Werk Kunstreflexion als Medium künstlerischer Verantwortung Rainer Walther Biographien, Bibliographien Die meisten Schriften über Kunst sind von Leuten verfaßt, die keine Künstler sind: daher alle die falschen Begriffe und Urteile. Delacroix MICHAEL LINGNER: VORBEMERKUNGEN Entstanden ist dieses Buch aus sieben mehrstündigen, insgesamt ca. 20 Stunden dauernden Dialogen, die F. E ... >>
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Paradoxien künstlerischer Praxis Die Aufhebung der Autonomie des Ästhetischen durch die Finalisierung der Kunst "Man muß den Begriff künstlerische Tätigkeit als eine konterrevolutionäre Auffassung des Schöpferischen ausmerzen." El Lissitzky Einleitung Die 'Erweiterung des Kunstbegriffs', die sich Ende der sechziger Jahre aus der Problematisierung des Verhältnisses von Kunst und Gesellschaft entwickelt hat, ist in den beiden Gleichungen 'Kunst ist Leben' und 'Jeder Mensch ist ein Künstler' inzwischen zum schlichten Schlagwort oder zur unverbindlichen Glaubensformel verkommen. Zwar haben auch heute die dahinter verborgenen einstigen Leitideen einer veränderten Kunstpraxis nicht an Faszination, geschweige denn ihre Berechtigung verloren. Doch erscheint jetzt die Möglichkeit ihrer Erfüllung sehr viel zweifelhafter, da rückblickend konstatiert werden muß, daß trotz vieler Versuche ,,der Graben zwischen Künstler und Publikum ... unüberbrückbar" 1) geblieben ist. (38) Dennoch - die auf eine künstlerische Konkretisierung dieser Ideale gerichteten Erwartungen und Anstrengungen haben sich zu U ... >>
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Michael Lingner Plädoyer für eine neue Kultur künstlerischen Lehrens und Lernens Zum Beispiel ein interdisziplinäres (10) Grund- und Orientierungsstudium Die Freiheit der Kunst ist nicht viel wert, wenn sie keinen anderen Sinn hat, als die Behaglichkeit des Künstlers zu sichern. Albert Camus I.) Plädoyer Lehren und Lernen, das primär Bildungsprozesse statt Ausbildungsziele im Sinn hat, befindet sich mitsamt den entsprechenden Institutionen in unserer Zeit und Gesellschaft in einer tiefen Krise. Sie hat an den künstlerischen Hochschulen und Akademien, die besonders sensible Lehr- und Lernbereiche sind, fatale Ausmaße angenommen: Es herrschen Unlust, Unvernunft und vor allem Unproduktivität, die vor dem Hintergrund des schöpferischen Selbstverständnisses und der nach wie vor privilegierten Studiensituation umso krasser erscheint. Lehrabstinenz und Lernresistenz steigern sich wechselseitig und führen zu dem gegenwärtigen apathischen Zustand, der sich durch zunehmendes Lamento und stereotype Schuldzuweisungen weiter verschlimmert. Ein Hauptproblem in dieser S ... >>
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Michael Lingner FÜR EINE NEUE KULTUR DES KÜNSTLERISCHEN STUDIUMS Vorschläge und Perspektiven einer Ausdifferenzierung des Anfängerbereichs I.) PROLOG Äusserer Anlass für den folgenden Text war die die Aufforderung der Hamburger Behörde für Wissenschaft und Forschung (BWF), den fälligen "Studienreformbericht" zu geben. Der Autor hat versucht, dieser Aufgabe nicht nur in Sinne einer Selbstdarstellung der Hochschule für bildende Künste in Hamburg zu entsprechen, sondern vor allem auch Impulse zur Selbstverständigung und -Klärung innerhalb der Hochschule zu geben, ohne die keine produktiv wirkenden strukturellen Veränderungen möglich sind. Daß die Hochschule dem Ersuchen der BWF nicht nur formal entspricht, sondern darin die Möglichkeit sieht, auf eine teilweise recht ungeschützte Weise die inhaltliche Diskussion voranzutreiben, mag ihre Einsicht in die Notwendigkeit und die Ernsthaftigkeit ihrer Absicht dokumentieren, strukturellen W ... >>
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Michael Lingner Kunst aus Kunst Autopoiesis - die aktuelle Autonomieproblematik aus systemtheoretischer Perspektive Ausgehend von Ausstellungen in Hamburg - "Wechsel. Im Konjunktiv" in der Galerie Vera Munro und "Neue Kunst in Hamburg 1988" in der Halle K 3 auf dem Kampnagelgelände - stellt Michael Lingner einen neuen Theorieansatz zur Debatte. Spätestens seitdem die Kunst des amerikanischen "Neokonzeptualismus" in Europa bekannt geworden ist und die "Wilde Malerei" vollends verdrängt hat, ist Denken in der Kunst nicht nur wieder erlaubt, sondern gar gefragt. Es offenbart sich nun ein beträchtliches Theoriedefizit im Umgang mit Kunst, das in den vergangenen Jahren durch die postmodernen Träumereien von den Möglichkeiten einer "Theorie der Nichttheorie" nur kaschiert wurde. Die tendenzielle Literarisierung oder sogar Poetisierung des Theoretisierens hat fast in Vergessenheit geraten lassen, daß es keine überzeugenden Versuche gibt, eine I ... >>
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Michael Lingner Das, was ich die Kunst nenne, ist so beschaffen, dass, wenn es den Leuten eben so gesagt würde, es niemand verstände und sie mich für rasend, verrückt oder albern erklären würden. ...So ist es am besten, ich sage das, was ich selbst nur in einer erhöhten Stimmung meines Gemütes fassen und erkennen kann, nicht, sondern ich bereite das Publikum erst durch den Weg, den ich selbst dahin genommen, vor... P. O. Runge. Hinterlassene Schriften Bd. 1, S.29 Meine relativ frühe und intensive Beschäftigung mit Künstlertheorien verdankte sich zunächst keinem kunstwissenschaftlichen, sondern ausschließlich einem künstlerischen Interesse. Denn auch nach meinem Kunststudium arbeitete ich etliche Jahre hauptsächlich künstlerisch-praktisch und dabei drängte es mich zunehmend, meine eigene um die Thematik „Zeit“ kreisende Kunst durch das Betreiben von „Theorie“ zu befördern . Nicht zuletzt beeinflusst von Bazon Brock war mir recht rasch klar geworden, dass speziell auf einen Künstler wie Franz Erhard Walther, bei dem ich studiert hatte, und generell auf die entmaterialisierte und prozessualisierte Kunst jener Zeit sich nicht mehr stilistisch, sondern nur noch gedanklich reagieren ließ, um irgendwie weiter zu kommen. Deswegen habe ich nicht nur bald mit einem zusätzlichen geisteswissenschaftlichen Studium begonnen, sondern vor allem auch durch die Beschäftigung mit Theorien mir wichtig erscheinender Künstler versucht, deren Ideen und Werke besser verstehen und zugleich bei dieser Auseinandersetzung Inspirationen für die Entwicklung meiner eigenen künstlerischen Arbeit gewinnen zu können. Z ... >>
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Pierangelo Maset Perspektive Kunstvermittlung Kunstvermittlung hat sich in den letzten Jahren als ein neues Paradigma im Gegensatz zur Kunst- und Kulturpädagogik etablieren können. Wurde sie in den neunziger Jahren im deutschen Sprachraum von einer übersichtlichen Gruppe von Personen entwickelt – Eva Sturm und Carmen Mörsch haben hier Pionierarbeit geleistet –, so ist der Kreis derer, die sich für Kunstvermittlung interessieren, heute recht groß geworden. Viele Galerien und Museen denken mittlerweile über neue Formen der Kunstvermittlung nach und befassen sich intensiv mit den hierzu vorliegenden Positionen. Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass durch die Kunstentwicklung insgesamt die Legitimation der Kunstvermittlung, die stets gesellschaftliche Kontexte mit bearbeitet, gewachsen ist. So ist beispielsweise die Kunst im öffentlichen Raum ohne die zentrale Berücksichtigung von Vermittlungsfragen überhaupt nicht realisierbar, da in dem Moment, in dem die Kunst sich direkt an ihre Rezipienten wendet und diese womöglich noch in die Entwicklung von Arbeiten einbezieht, Kunstvermittlung stattfindet. Es geht in diesem Zusammenhang vor allem auch um eine Dimension von Kunstvermittlung, die eine Differenz darstellt und die sich nicht nur künstlerischer V ... >>
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Inhalt Vorbemerkungen Michael Lingner 7 Kunst Sprache 13 Kunst Gesellschaft 62 Kunst Vermittlung 101 Kunst Geschichte 142 Kunst Werk 178 Kunstreflexion als Medium künstlerischer Verantwortung Rainer Walther 201 Biographien, Bibliographien 209 Vorbemerkungen Zum Verständnis der Entstehung und Absicht des Buches Je mehr Zeit dem gegenseitigen Zuhören und eigenen Nachdenken gegönnt wird, umso eher kann sich ein Gespräch zum Dialog entfalten. Der Charakter des Gesprochenen ist dem Dialogischen derart eigen, daß es wortwörtlich aufgeschrieben nicht nur die wesentlichen Qualitäten, sondern teilweise sogar den Sinn einbüßt - "Eine Rede ist keine Schreibe und eine Schreibe keine Rede" (1). I ... >>
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